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  • Andreas Vogel

Vorzeitige Vertragsverlängerung von Vorstandsmitgliedern

Schlagzeile Manager Magazin 09.07.2021: „VW-Konzernchef Diess bekommt neuen Vertrag bis Herbst 2025"

Schlagzeile Manager Magazin 25.07.2022: „Herbert Diess tritt als VW-Chef ab“


Dazu titelt die Börsen-Zeitung am 30.07.2022: „CEO-Rausschmisse mit Golden Handshake haben Tradition bei VW. Der Wechsel von Diess zu Blume schreibt ein neues Kapitel schlechter Governance.“


Über die genauen Hintergründe können Außenstehende nur spekulieren. Auffällig ist freilich der nahe zeitliche Zusammenhang zwischen der Vertragsverlängerung im Sommer 2021 um weitere vier Jahre trotz massiver Kritik am Vorstandsvorsitzenden und dem Abgang des CEO kein Jahr später.


In rechtlicher Hinsicht erwähnenswert ist die Mitteilung in der Presse, dass der VW-CEO den Aufsichtsrat des Konzerns schon lange auf eine vorzeitige Verlängerung seines Vertrages gedrängt hatte. Sowohl Bestellung als auch Vorstandsvertrag liefen demnach lediglich bis 2023. Diess hatte eine Verlängerung um weitere fünf Jahre verlangt. Letztlich wurde dem Vorsitzenden im vergangenen Jahr im Wege eines Kompromisses eine Verlängerung bis Oktober 2025, also um rund vier Jahre, gewährt. Die Presse spricht davon, Diess habe einen „neuen“ Vertrag erhalten. Anzunehmen ist daher, dass auch die Amtszeit des Vorsitzenden komplett neu festgesetzt und nicht lediglich die Bestellung verlängert wurde.


Warum wurde so vorgegangen und wie wird das in der Praxis umgesetzt?


Zunächst: zwischen der Bestellung zum Vorstandsmitglied und dem Abschluss eines Vorstandsvertrages ist streng zu trennen. Endet also die Bestellung, heißt dies nicht ohne weiteres, dass auch der Vorstandsvertrag endet. Bestellung und Anstellung können also verschiedene rechtliche Wege gehen. Dies gilt grundsätzlich auch für die Vertragsdauer. Allerdings wirkt die zeitliche Höchstdauer von fünf Jahren nach dem Aktiengesetz sowohl für die Vorstandsbestellung als auch den Dienstvertrag des Vorstandsmitgliedes.


Im Aktiengesetz ist nun geregelt, dass eine wiederholte Bestellung oder Verlängerung der Amtszeit des Vorstands jeweils für maximal fünf Jahr zulässig ist. Diese Verlängerung kann aber frühestens ein Jahr vor Ablauf der bisherigen Amtszeit gefasst werden. Diese Voraussetzung war bei Diess im Jahr 2021 (Bestellung und Vertrag liefen noch bis 2023) offenkundig noch nicht gegeben.


Der VW-Aufsichtsrat bediente sich daher eines „Kniffs“, den der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil bereits im Jahr 2012 für zulässig erklärt hat. Danach kann die Amtszeit des Vorstands schon vor Erreichen des eben genannten „Verlängerungsfensters“ vorzeitig gänzlich neu festgesetzt werden. Die neue Amtszeit schließt sich also nicht lediglich an die bisherige Amtszeit an. Vielmehr wird die bisherige Amtszeit einvernehmlich aufgehoben und durch die neue Amtszeit vollständig ersetzt. Einzige Voraussetzung nach dem Bundesgerichtshof: die Aktiengesellschaft darf sich durch den neu einsetzenden Zeitlauf stets nur für maximal weitere fünf Jahre binden.


Nach dem Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) soll die vorzeitige Wiederbestellung eines Vorstands in der hier beschriebenen Weise nur bei Vorliegen besonderer Umstände erfolgen. Welche dies im Fall von Diess waren, ergibt sich aus den Presseberichten nicht.


In Ergänzung der Neufestsetzung der Amtszeit von Diess im Juli 2021 auf einen Zeitraum von rund vier Jahren hat der Aufsichtsrat dann noch den Abschluss eines zeitlich korrespondierenden Anstellungsvertrages für den CEO beschlossen. So hat er einen zeitlichen Gleichklang zwischen beidem, als der Neubestellung und dem Anstellungsvertrag, hergestellt.


Daher war die Schlagzeile des Manager Magazins völlig zutreffend: „VW-Konzernchef Diess bekommt neuen Vertrag bis Herbst 2025“.



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